Das Teilvorhaben „Prävention von Belastungen bei formalisierter Arbeit im Projektmanagement technischer Entwicklungsprozesse“ untersucht die Belastungen durch Formalisierung von selbstverantwortlicher Arbeit am Beispiel von Innovationen in technischen IT-Projekten. Ziel ist die Entwicklung und Erprobung eines Präventionsmanagements mit geeigneten Instrumenten zum Arbeits- und Gesundheitsschutz.

Maurer & Treutner wird zusammen mit dem ISF München zum Thema Bedingungen und Realität der Innovationsarbeit in der technischen Entwicklung forschen. Untersucht werden die Herausforderungen und Belastungen, die sich z.B. aus agilen Vorgehensweisen im Projektmanagement einerseits und der Formalisierung von Prozessen sowie überprüfbaren Ergebnissen andererseits bilden. Das Spannungsfeld, das sich zwischen formalen ergebnisorientieren Arbeitsstrukturen sowie Freiräumen für selbstorganisiertes und informelles Handeln auftut, soll herausgearbeitet und eingeordnet werden. Gestaltungsmaßnahmen für ein partizipatives Präventionsmanagement sollen erarbeitet, erprobt und evaluiert und in agile Methoden des Projektmanagements integriert werden, das im Sinne einer situativen Projektsteuerung weiterentwickelt wird.

Vor dem Hintergrund immer kürzer werdender Produktlebenszyklen im technischen Sektor, die dazu führen, dass Unternehmen Neu- und Weiterentwicklungen kaum mehr alleine ‚stemmen‘ können und unternehmensübergreifende interdisziplinäre Projekte (Open Innovation) weiter forcieren müssen, bedarf es dringend entlastender Arbeitszusammenhänge im technischen Entwicklungskontext. Die Belastungsquote im technischen Entwicklungsbereich ist erheblich, wie allein die Retrospektiven nach Entwicklungsprozessen mit positiven und negativen Feedbackmöglichkeiten zum Prozess zeigen. Um über die bei M&T stattfindenden Feedbackschleifen hinaus zu einem umfassenden Bild der Belastungen und Entlastungsmöglichkeiten zu gelangen, wird M&T dem ISF München weitere Zugänge zu systematischen empirischen Erhebungen der Belastungskonstellationen ermöglichen und deren Auswahl mitbestimmen. Zur Entschärfung der skizzierten belastenden Projektzusammenhänge und zur Gestaltung ‚guter Innovationsarbeit‘ werden von M&T entlastende Arbeits- und Organisationsgestaltungsmaßnahmen – zusammen mit dem ISF München – mit einer an den agilen Lean-Entwicklungsprozess IT-Kanban anknüpfenden situativen Projektsteuerung – im Sinne eines partizipativen Präventionsmanagement entwickelt.

Dementsprechend werden unternehmensübergreifend intensiv Belastungskonstellationen beleuchtet, die aus der Zwickmühlensituation zwischen der Arbeit am „Arbeitsgegenstand‘ und den formalen Anforderungen resultieren. Es werden die Arbeitsprobleme rekonstruiert und typische strukturelle Dilemmata herausgearbeitet, die aus jeweiligen Formalisierungsbemühungen und gleichzeitigen Anforderungen an situatives Handeln der Person entstehen.

Auf Basis dieser Belastungsanalyse wird ein personen- und arbeitsproblembezogenes Präventionsmanagement für die Arbeit in der technischen Entwicklung erarbeitet. Beschäftigte werden für die Art der Belastungskonstellationen und den eigenen Umgang damit sensibilisiert und aktiv – als Experten für ihre Arbeit – in die Entwicklung und Implementierung von Maßnahmen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz einbezogen.

Im Rahmen von technischen Entwicklungsprojekten wird durch das Konzept einer situativen Projektsteuerung eine Struktur ausgebildet, die den notwendigen informellen Praktiken genügend Raum belässt und diese fördert (und nicht behindert oder ganz verdrängt). Die situative Projektsteuerung zielt insgesamt auf eine ‚gesunde‘ Balance zwischen formalen Arbeitsstrukturen und Freiräumen für informelles Handeln ab. Sie dient unter geeigneten Rahmenbedingungen den betroffenen Beschäftigtengruppen in interdisziplinären Vorhaben zur Unterstützung des selbstorganisierten Vorgehens und gewährleistet gleichzeitig die (formale) Stabilität des Prozesses bestmöglich. Zum Präventionsmanagement situativer Projektsteuerung gehört die Milderung des Spannungsverhältnisses agiler Prozesse zur klassischen Organisation. Aber auch die adäquate Organisation und Gestaltung der Abstimmungs- und Austauscharbeit für den interdisziplinären Entwicklerkreis, der sich zwischen abstraktem und konkretem Arbeitsgegenstand bewegt, und den Kunden frühest- und bestmöglich mitnehmen soll, gehört dazu. Es muss gelingen, die in Abstimmung zu bringenden Professionen mit ihren unterschiedlichen Gewerken ohne hohen (kontraproduktiven) Formalisierungsgrad von Anfang an produktiv zusammen zu bringen. Dabei wird auch die Frage der Verantwortlichkeiten bei selbstorganisiert ausgerichteten Tätigkeiten virulent.